Fünf Fragen an Prim. Dr. Christian Ure

Prim. Dr. Christian Ure

1. Wann muss ein Lymphödem stationär behandelt werden?

Eine stationäre Therapie ist bei Stadium III (Elephantiasis) und Stadium II+ (fortgeschrittene Fibrosierung) notwendig. Ebenso bei Multimorbidität – wenn der Patient also an mehreren Krankheiten leidet – bei Kopf- und Genital-Lymphödem sowie bei der Ansammlung von Lymph­flüssigkeit in Körperhöhlen (z. B. Chylothorax). Kinder werden ebenfalls stationär aufgenommen.

2. Was waren die entscheidenden Fort­schritte in der Lymphödem-Behandlung in den vergangenen Jahren?

Entscheidend war bestimmt die Bewusstseinsbildung. Das Bewusstsein, dass ein Lymphödem eine Krankheit ist – die „Awareness“ –, war früher einfach nicht vorhanden. Man ignorierte das Ödem, auch weil man ihm nichts entgegenzusetzen hatte. Heute weiß man, dass es sich um eine gut behandelbare Krankheit handelt. Sehr hilfreich dabei sind die Einrichtungen, die stationär die Komplexe Physikalische Entstauungs­therapie anbieten.
Zudem wurden in jüngster Vergangenheit auch wesentlich bessere Kompressionsmaterialien entwickelt.

3. Weshalb wird an der Lymphklinik Wolfsberg Wert gelegt auf eine ganzheitliche Behandlung?

Wer glaubt, nur das Ödem alleine behandeln zu können, ist auf dem Holzweg. Der Blick auf den gesamten Menschen und eine sorgfältige Abklärung sind die Voraussetzungen für jeden Therapieerfolg. Wichtig ist aber nicht zuletzt auch die psychosoziale Rehabilitation. Wir behandeln hier viele Patienten, die ihre Krankheit regelrecht isoliert hat, manchmal über Jahre.

4. Wie wichtig ist die Mitarbeit des Patienten?

Die Mitarbeit der Patienten ist das Um und Auf. Patienten werden während der Rehabilitation bei uns zu ihrem eigenen Therapeuten ausgebildet und lernen in drei Wochen der Entstauungsphase sämtliche Techniken, die sie benötigen, um den Therapieerfolg zu Hause zu erhalten.

5. Wie sehen die Zukunftsszenarien in der Lymphödembehandlung aus?

Zunächst wird das Bewusstsein für lymphologische Erkrankungen weiter zunehmen. Dadurch werden viele Patienten die Chance haben, noch früher von einer Therapie zu profitieren. Im Kommen ist die qualitativ hochwertige ambulante Therapie. Hier stehen wir am Anfang, da es derzeit noch keine verbindlichen Richtlinien gibt. Nicht zuletzt birgt die Mikrochirurgie neue Chancen. In ausgewählten Fällen werden Lymphgefäß-Transplantationen möglich sein. Wir wissen heute bereits, dass das funktioniert. Ein Fernziel ist schließlich die medikamentöse Therapie.