Was ist ein Lymphödem?

Ein Lymphödem ist eine Erkrankung des Lymphgefäßsystems, das für den Abtransport von Flüssigkeit und Eiweiß aus dem Gewebe sorgt. Kommt es zu einer Störung dieses Transports, geschieht dasselbe wie bei einem Unfall auf der Autobahn: Es staut sich. Die Flüssigkeit, die nicht mehr abfließt, verbleibt im Gewebe und bildet eine Schwellung – das Lymphödem. Bleibt das Ödem unbehandelt, setzt es sich immer weiter fort.

 

 

Wir unterscheiden zwischen einem primären Lymphödem (durch angeborene Funktionsstörungen oder Missbildungen) und einem sekundärem Lymphödem.
Etwa ein Drittel aller Lymphödeme sind primäre Lymphödeme. In 94% der Fälle sind die Beine betroffen. Es tritt zunächst an den Zehen auf, erst später sind die Unterschenken und zuletzt die Oberschenkel betroffen.
Das sekundäre Lymphödem ist meist eine Folge von Operationen, Infektionen, Unfällen oder Bestrahlungen.

Wir unterscheiden vier Schweregrade

Stadium 0: Latentes Ödem

Das Lymphgefäßsystem ist bereits geschädigt und arbeitet reduziert. Es kann aber die Lymphabflussverhältnisse noch kompensieren. Ein Ödem ist (noch) nicht vorhanden.

Stadium I: Reversibles Ödem

Das Lymphgefäßsystem ist überfordert. Es bilden sich vorwiegend am Abend weiche Gewebeschwellungen. Die Schwellung bildet sich durch Hochlagern der Gliedmaße über Nacht oder auch nach einigen Tagen wieder zurück.

Stadium II: Chronisches irreversibles Ödem

Die Schwellung ist deutlich verhärtet. Man kann keine Delle mehr eindrücken und das Ödem bildet sich auch nach längeren Ruhezeiten nicht mehr zurück.

Stadium III: Elephantiasis

Die Schwellung nimmt extreme Ausmaße an. Die Haut ist hart und durch warzenförmige Wucherungen gekennzeichnet. Aufgrund der Bildung von Lymphsäcken und großen Wülsten besteht eine erhöhte Gefahr von Wundrosen (Erysipel).

FAQs

Eine stationäre Therapie ist bei Stadium III (Elephantiasis) und Stadium II+ (fortgeschrittene Fibrosierung) notwendig. Ebenso bei Multimorbidität – wenn der Patient also an mehreren Krankheiten leidet – bei Kopf- und Genital-Lymphödem sowie bei der Ansammlung von Lymphflüssigkeit in Körperhöhlen (z. B. Chylothorax). Kinder werden ebenfalls stationär aufgenommen.

Entscheidend war bestimmt die Bewusstseinsbildung. Das Bewusstsein, dass ein Lymphödem eine Krankheit ist – die „Awareness“ –, war früher einfach nicht vorhanden. Man ignorierte das Ödem, auch weil man ihm nichts entgegenzusetzen hatte. Heute weiß man, dass es sich um eine gut behandelbare Krankheit handelt. Sehr hilfreich dabei sind die Einrichtungen, die stationär die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie anbieten. Zudem wurden in jüngster Vergangenheit auch wesentlich bessere Kompressionsmaterialien entwickelt.

Wer glaubt, nur das Ödem alleine behandeln zu können, ist auf dem Holzweg. Der Blick auf den gesamten Menschen und eine sorgfältige Abklärung sind die Voraussetzungen für jeden Therapieerfolg. Wichtig ist aber nicht zuletzt auch die psychosoziale Rehabilitation. Wir behandeln hier viele Patienten, die ihre Krankheit regelrecht isoliert hat, manchmal über Jahre.

Die Mitarbeit der Patienten ist das Um und Auf. Patienten werden während der Rehabilitation bei uns zu ihrem eigenen Therapeuten ausgebildet und lernen in drei Wochen der Entstauungsphase sämtliche Techniken, die sie benötigen, um den Therapieerfolg zu Hause zu erhalten.

Zunächst wird das Bewusstsein für lymphologische Erkrankungen weiter zunehmen. Dadurch werden viele Patienten die Chance haben, noch früher von einer Therapie zu profitieren. Im Kommen ist die qualitativ hochwertige ambulante Therapie. Hier stehen wir am Anfang, da es derzeit noch keine verbindlichen Richtlinien gibt. Nicht zuletzt birgt die Mikrochirurgie neue Chancen. In ausgewählten Fällen werden Lymphgefäß-Transplantationen möglich sein. Wir wissen heute bereits, dass das funktioniert. Ein Fernziel ist schließlich die medikamentöse Therapie.